Herr Zimmermann – Wenn deutsche Ordnung auf ägyptische Realität trifft

Herr Zimmermann und das Chaos von Luxor

Wenn deutsche Ordnung auf ägyptische Realität trifft

Es gibt Gäste, an die erinnert man sich ein Leben lang – nicht wegen der Abenteuer, sondern wegen der Kommentare. Herr Zimmermann war so einer.

Der Tag begann eigentlich ganz normal. Ich holte meine Gäste früh morgens in Hurghada ab. Die Sonne war gerade aufgegangen, der Kaffee heiß, die Stimmung entspannt.

Dann erschien Herr Zimmermann:
Ein großer, ernster Mann, mit Socken in Sandalen, Rucksack perfekt gepackt, Sonnencreme im Gesicht wie Spachtelmasse. Hinter ihm seine ruhige Frau – freundlich, geduldig – und zwei Kinder, die schon beim Einsteigen in den Bus einen lautstarken Streit über eine Chipstüte führten.

Ich begrüßte sie freundlich:
„Guten Morgen, Herr Zimmermann.“
Er sah auf die Uhr:
„Der Bus ist drei Minuten zu spät.“
Ich lächelte und dachte: „Okay. Der Mann liebt Pünktlichkeit. Sehr.“

Der Bus – zu laut. Das Wasser – zu warm. Die Straße – zu holprig.

Schon nach 20 Minuten Fahrt begann Herr Zimmermanns persönliche Beschwerdeliste:

„Diese Musik ist mir zu fremd.“

„Die Klimaanlage zieht.“

„Sind diese Berge da sicher?“

„Mein Sohn spricht zu laut.“ (Worauf der Sohn: „PAPA! ICH HAB DICH LIEB!“)

Seine Frau schaute aus dem Fenster und lächelte still, vermutlich in eine friedlichere Parallelwelt.

Ankunft in Luxor – mit deutscher Skepsis

Nach etwa 4 Stunden Fahrt kamen wir endlich in Luxor an. Die Temperatur: 36 Grad. Die Sonne: gnadenlos. Die Sehenswürdigkeiten: atemberaubend. Doch Herr Zimmermann fand alles… zu viel:

Der Tempel von Karnak? „Etwas kaputt.“

Die Nilfahrt? „Zu schaukelig.“

Die Verkäufer? „Zu laut.“

Der Himmel? „Zu blau.“ (Okay, das hat er nicht gesagt – aber es hätte gepasst.)

Das Mittagsbuffet – und die große Überraschung

Dann kam das Mittagsbuffet: Gegrilltes Hähnchen, Reis, Gemüse, Fladenbrot, Datteln, Salate, Soßen – frisch zubereitet. Die meisten Gäste waren hungrig und glücklich.

Herr Zimmermann setzte sich, sah auf den Teller und sagte:
„Das ist nicht mein Geschmack. Mein Magen wird das merken.“
Alle nickten höflich.

Aber dann… aß er.
Und zwar nicht nur ein bisschen. Sondern wie ein Mann, der seit drei Tagen nichts gegessen hatte.
Zwei Teller. Drei Stücke Fleisch. Noch Brot. Noch Salat. Nachtisch. Dann nochmal Fleisch.

Ein anderer deutscher Gast – ein fröhlicher Berliner – sah ihm staunend zu. Dann rief er laut über den Tisch:
„Herr Zimmermann! Was hätten Sie gemacht, wenn das Essen Ihnen geschmeckt hätte?! Gut, dass es nicht Ihr Geschmack war – sonst wär nix mehr für uns übrig geblieben!“

Gelächter. Herr Zimmermann – zum ersten Mal – grinste. Mit vollem Mund.

Seine Frau murmelte:
„Vielleicht ist dein Magen ägyptischer, als du denkst.“

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